Wie ich zum Thema KI stehe
- veronikaweisstexte

- 14. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Es ist die neue Gretchenfrage der Jobwelt: Wie hältst du's mit der KI? Oder auch: Fühlst du dich von KI bedroht? Heute möchte ich eine Antwort darauf geben.
Was ich schreibe, ist natürlich nur eine Momentaufnahme; es tut sich technisch gerade so unheimlich viel, dass wir von Neuerungen überrollt werden und schon nächste Woche alles auf unvermutete Weise anders und neu sein kann.
ChatGPT hätte es so formuliert: „In unserer schnelllebigen Welt sind wir ständigem Wandel ausgesetzt.“
Und damit auch schon zu KI-typischen Formulierungen und Sätzen, die momentan das Internet fluten. Die KI geht üblicherweise vom Allgemeinen aus und hangelt sich dann weiter zum Thema. Fast alles fängt also "in unserer schnelllebigen Welt" oder "in unserer sich ständig wandelnden Welt" an. Diese Einleitungssätze finden sich in Newsletter-Intros, in Onlineartikeln, in scheinbar persönlichen Postings. Und im Vorwort sogenannter Bücher (die nämlich meiner Meinung nach keine sind, wenn der menschliche Anteil daran derart gering ist - aber dazu später mehr).
KI-Texte klingen generisch und austauschbar. Da fehlen Herz und Verstand, und das liest man eindeutig heraus oder spürt es zumindest unterbewusst. Um das zu vermeiden, muss man sehr gekonnt und in mehreren Durchgängen prompten und danach noch am entstandenen Text feilen. Kann man natürlich machen. Aber in der annähernd gleichen Zeit kann mit menschlicher Intelligenz und einem Händchen für Sprache ein sehr viel besserer, individueller Text entstehen.

Also nein, ich fühle mich als Texterin nicht durch die KI bedroht. Die KI zu ignorieren, ist natürlich auch keine Lösung. Für Organisatorisches nutze ich sie regelmäßig, denn bei eher technischen Aufgaben arbeitet sie ja verlässlich und liefert brauchbare Ergebnisse.
Wie ist der Status quo der KI-Nutzung beim Texten und Lektorieren?
Bei meinen Textaufträgen kommt es seit einiger Zeit - manchmal - vor, dass künstliche Intelligenz beteiligt ist. Manchmal bekomme ich Textbausteine oder eine erste Gliederung, die mithilfe eines KI-Programms erstellt wurde. Das ist unter Umständen sinnvoll und erspart einiges Grübeln: KI kann frische Ideen und Ansätze oder eine gute Struktur liefern. Mit diesem Material und dem Briefing erarbeite ich dann einzigartige Texte. Auf künstliche Intelligenz können wir uns dabei aber (noch) nicht verlassen: Die Fehlerquote ist hoch, von der Qualität ganz zu schweigen ...
Nur mit menschlich-intelligenter Kontrolle und Herzblut entstehen hochwertige und greifbare Texte, die den Wert dessen zeigen, was dahintersteht.
Beim Lektorieren hatte ich schon ganze Kapitel vorliegen, die unverkennbar von einer KI formuliert waren statt vom Autor. Der Grund dafür war wohl, dass er sich nicht zutraute, den Inhalt selbst zu Papier zu bringen. Oder andererseits der KI zu viel zutraute. Oder einfach unter zu großem Zeitdruck stand. Da habe ich dann noch einmal das Gespräch gesucht und von austauschbaren Formulierungen und von der persönlichen Note gesprochen, die das Buch natürlich prägen soll.
Manchmal soll ein Lektorat einen reinen KI-Text oder eine KI-Übersetzung retten. Das ist natürlich deutlich zeitaufwendiger als mit einem Profi-Buch oder deiner professionellen Übersetzung zu arbeiten. Eher vergleichbar damit, den Text einer schriftstellerisch ziemlich untalentierten Person zu lektorieren. Da müssen die Konditionen und der Zeitrahmen natürlich neu vereinbart werden.
Wenn KI an einer Stelle Arbeit "abnimmt", entsteht an einer anderen Stelle zusätzliche Arbeit.
Ich habe gehört, dass ChatGPT Korrekturschleifen übernehmen und auf die Rechtschreibung oder Varianz von Satzkonstruktionen achten kann. Doch meines Wissens schafft es eine KI nicht, alle Regeln des guten Schreibens zu beachten und gleichzeitig Rückmeldung zu Kongruenz, Logik, Dramaturgie und so weiter zu geben - geschweige denn diese zu korrigieren. Man kann mittels KI einen Text also durchaus verbessern. Aber ein fundiertes, professionelles Feedback oder Lektorat kann diese nicht ersetzen.
Wenn die Texte bei mir sind, hat KI nichts mehr zu melden. Das bin ich der Buchbranche schuldig.
Schreiben ist eine zutiefst menschliche Tätigkeit; gerade Belletristik kommt aus den Tiefen der Seele. Es wird um einzelne Ausdrücke gerungen, man brütet über Nuancen, um wirklich exakt das Gemeinte auszudrücken. Individualität ist der Kern der Literatur.
Eine KI tut beim „Schreiben“ genau das Gegenteil: Sie greift auf eine riesige Textmengen zu und reiht dann an ein erstes Wort jenes, das in den meisten Quellen darauf folgt. Auf diese Weise kann nur ein unpräziser und generischer Text entstehen. Einer, der alles und nichts sagt und genauso klingt wie unsere unendliche Masse an Online-Buchstabenwüsten.

Wir wollen doch lieber menschliche Werke mit treffenden, profilscharfen Texten. Solche, die die Leserschaft mit großer Klarheit erreichen und etwas bewirken. Für diese Texte bin ich da, an denen arbeite ich - egal, ob vorher eine KI mitgemischt hat oder nicht.




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